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Sabrina

Leben mit Down-Syndrom

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English? No problem!

​Kann ein Kind mit Down-Syndrom Englisch lernen?

von Elisabeth Salmhofer

Meine Tochter Sabrina mit dem extra Chromosom wurde im August 11 Jahre alt. Seit September geht sie in eine Wiener Mittelschule (kurz WMS genannt) bei uns in der Nähe im 22. Bezirk.

 

Englisch hat meiner Tochter schon seit Ihrer Kindergartenzeit gefallen. In der WMS haben sie einmal pro Woche für ca. 2 Stunden einen "native Speaker" in der Gruppe und Sabrina bringt begeistert viele Sprüche und Lieder heim, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch sehr wenig Englisch spricht.

 

In der Volksschule erzählte Sabrina nur sehr wenig vom Englisch-Unterricht. Zu Hause hörte sie aber immer wieder ihre englischen Kassetten an, sprach viele Wörter nach und erzählte mir auch Vieles.

 

In der WMS lernte sie mit den anderen Kindern von Anfang an die Vokabeln mit. Nachdem sie beim ersten Vokabeltest mitgemacht hatte und (obwohl ich mit Sabrina diese nur mündlich geübt hatte und sie trotzdem ein „Sehr gut“ dafür bekam), sah ich dringenden Handlungsbedarf.

 

Sabrina lernte das Lesen stets mit der „Flash Words“-Methode. Diese Art des Lernens bereitete ihr von Anfang an viel Spaß. Ich habe darüber schon einen Artikel im LLL geschrieben. Ein kurzer Anruf und eine E-Mail an Frau Bernadette Wieser in Leoben bestätigten meine Vermutung, dass dies auch mit Englisch klappen könnte.

 

Die Methode funktioniert so:

 

Auf einem A4-Blatt wird mit rotem Filzstift das englische Wort ganz groß geschrieben. Ich halte Sabrina das Blatt 3-5 Sekunden hin und lese bei neuen Wörtern das Wort laut vor, damit Sabrina weiß, wie sie es aussprechen muss. Dazu formuliere ich sodann auch das deutsche Wort. Ich gebe Sabrina immer 5 Wörter auf einmal zum Erarbeiten. Diese 5 Wörter liest Sabrina meist dreimal hintereinander in veränderter Reihenfolge durch. Danach kann sie meistens alle 5 Wörter richtig aussprechen und sogar übersetzen. Sobald sie ein Wort lesen kann, wird es gegen ein neues ausgetauscht. Mit wenigen Ausnahmen üben wir diesen Teil täglich.

 

Anfang Oktober haben wir mit diesen Übungen begonnen und am 18. Oktober konnte Sabrina schon 44 Wörter richtig lesen und übersetzen. Der Vorgang geht nun so vonstatten, dass Sabrina zunächst immer die 5 neuen Wörter bekommt und anschließend frage ich sie meistens nochmal die „alten“ Wörter ab. Dabei zeige ich ein Wort nach dem anderen her und sortiere diejenigen aus, die Sabrina vergessen oder nicht richtig ausgesprochen hat, was aber beides nicht oft vorkommt. Diese Wörter liegen immer oben auf dem Stapel und werden demnach immer dann geübt, wenn die „alten“ Wörter dran sind.

 

Am 31. Oktober hatte Sabrina sich bereits 60 Wörter erarbeitet. Da die Vokabeltests aber immer schriftlich durchgeführt werden und der nächste Test schon vor der Tür steht, steht die Frage im Raum, wie Sabrina diese Wörter auch richtig schreiben lernen kann.

 

Sabrina schreibt sehr gerne und besonders liebt sie Tabellen und Listen und so erstellte ich eine Excel-Tabelle, die alle Wörter beinhaltet:

Zunächst schreibt Sabrina nur das englische Wort in die "Sabrina Spalte" auf. Nachdem sie das mehrmals gemacht hat, bekommt sie von mir folgende Tabelle:

Deutsch
Englisch
Verbesserung

Nun schreibt Sabrina das englische Wort aus dem Gedächtnis in die zweite Spalte. Falls sie dabei Fehler begeht, schreibe ich das Wort richtig auf und Sabrina verbessert die Tabelle wieder. Ich habe auch eine leere Tabelle erstellt, in welcher ich die Wörter eintrage, die schwierig sind, damit Sabrina diese öfter üben kann.

 

Wenn wir Vokabeln von der Schule lernen, stelle ich fest, dass Sabrina diese viel schneller richtig schreiben kann, da sie in der Schule auf vielfältige und „spielerische“ Weise die Wörter üben kann. Übrigens, den zweiten Vokabeltest hat Sabrina ebenfalls „sehr gut“ gemacht.

 

Oft gibt es aber von der Schule aus noch keine neuen Wörter und so nehmen wir eigene Wörter zum üben. Das ergibt sich automatisch, da Sabrina sehr oft fragt: „Was heißt das auf Englisch?“ Diese Wörter, einfache Redewendungen und kurze Sätze nehmen wir sodann auch in unsere Liste auf.

 

"What’s your name? I am Sabrina. How old are you? I am eleven years old. Where do you come from? I come from Vienna. How are you? Thank’s fine".

 

Schon seit Schulanfang verwendet Sabrina die englischen Wörter auch im Alltag. Im Badezimmer werden alle Körperteile englisch benannt. Beim Hörgerät einlegen sagt sie oft „left“ und „right“. Bei der Kleidung werden dann die Farben geübt und wenn zwischendurch Zeit bleibt, nutzt sie die kurzen Sätze für einen „small talk“.

 

Seit Mitte Februar hat Sabrina mit dieser Methode insgesamt 210 englische Wörter erlernt und jetzt, Mitte März, kann sie ca. 240 Wörter. Nun können wir nicht mehr jedes Mal alle Wörter üben und so schreibe ich diejenigen, die in den letzten Wochen gelernt wurden und die „schwierigen“ Wörter extra auf, damit diese jedes Mal dran kommen. Zusätzlich nehmen wir jedes Mal, je nach Zeit, einen Stoß der alten Wörter dazu, damit diese auch gelegentlich drankommen. Ich sage bewusst "je nach Zeit", denn Sabrina würde gerne jedes Mal alle Wörter üben. Sie kann, wie auch schon beim Lesen lernen, nicht genug davon bekommen.

 

Als im Englischunterricht die Gefühle durchgenommen wurden, reagierte Sabrina in besonderer Weise darauf. Wenn beim Lesen eines deutschen Buches ein Gefühl erwähnt wurde, übersetzte sie es sogleich auf Englisch und erzählte mir davon. Als Sabrinas Papa eines Abends traurig war, sagte Sabrina sofort: „Papa sad.“

 

Immer öfter steht Sabrina in der Küche und führt eine Unterhaltung in Englisch mit einer ihrer imaginären Freundinnen. Dabei zählt sie und verwendet viele Wörter, die sie gelernt hat. Es sind auch „Kunstwörter“ dabei und ich vermute sie tut dies, damit sich die Sprache flüssiger anhört. Die wenigen Englischbücher, die wir zu Hause haben, verwendet Sabrina auch, liest daraus vor oder schreibt ein Referat darüber. Das ist ihre neue Leidenschaft.

 

Mittlerweile interessiert sich Sabrina auch für die geschriebenen englischen Wörter, die im Alltag ja sehr häufig vorkommen. Wenn wir jetzt von Leoben heimfahren, liest sie gleich bei der ersten Kreuzung eine Aufschrift. Ich habe diese zwar nicht gesehen, aber Sabrina sagte: „Weekend, das ist Wochenende“.

 

Jetzt bin ich schon neugierig auf den Urlaub und darauf, wie Sabrina da ihre neuen Englischkenntnisse einfließen lassen wird.

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